Handbuch
zum Co-Counseln (Co-Counselling)

Co-Counsel-Sitzungen am Telefon

DALÍ, Salvador
"Téléfone Mou"
Litografíe 63x50cm

Counseln kann man auch am Telefon. Einiges ist jedoch dabei besonders zu beachten:

Telefongespräche laufen in aller Regel - besonders zu Anfang und am Schluss - nach bestimmten Standards ab. Sie folgen meist stark ritualisierten, kulturspezifischen Mustern.
So wie zu Beginn einer normalen Counsel-Sitzung das Treffen in einer privaten Umgebung und das Sprechen voreinander die Schwierigkeit birgt, eingeübte ritualisierte Verhaltensweisen beim ’Einander-Besuchen’ wegzulassen, ist es beim Co-Counseln am Telefon wichtig, die fürs Telefonieren geltenden Muster durch andere für eine Sitzung geeignete Kommunikationsformen zu ersetzen.

Ort
Es ist von Vorteil, wenn der Ort für die Telefon-Sitzung sich deutlich von demjenigen unterscheidet, an dem man gewohnt ist zu arbeiten oder zu telefonieren Dies kann helfen, mögliche Ablenkungen (z.B. Erinnerungen an Dinge des Alltags, z.B. an etwas, das ich ’nicht vergessen darf’) während der Sitzung zu vermeiden (es sei denn, man macht den Ort und die Erinnerungen dazu selbst zum Gegenstand einer Counsel-Sitzung).
Dafür reicht es manchmal schon, den Sessel zu drehen, so dass man in eine andere Richtung sieht, das Licht der Lampe anders zu stellen, sich an dem Ort, an dem man sonst auf einem Stuhl sitzt, auf den Fußboden zu setzen, sich so auf das Bett zu legen, dass der Kopf am Fußende liegt.
Der Ort, an dem man durchs Telefon counselt, sollte vor Störungen geschützt sein: Andere Mitbewohner sind informiert, kommen weder ins Zimmer, noch halten sie sich vor der Tür auf. Ein deutlich sichtbarer Zettel hilft gegen die Vergesslichkeit der Mitbewohner. Die Vorhänge sind zugezogen, so dass sich auch kein Nachbar meldet. Der Anklopfton für parallel ankommende Telefongespräche ist abgestellt.

Hilfsmittel
Als Hilfsmittel hat jeder einen Timer mit ’Beep’. So kann jeder in der Rolle des Counselers die Zeit messen, und das Ende der Sitzung wird beiden klar und einfach signalisiert. Wenn Kissen bereitliegen, kann auch mit Rollenspieltechniken gearbeitet werden. Um die Hände in der Sitzung frei zu haben, sind Telefone mit Freisprecheinrichtung oder mit Head-Set günstig.

Zeit
Auch Sitzungen am Telefon sollten hinsichtlich des Zeitpunktes und der Dauer vorher abgesprochen werden. Nur so ist sichergestellt, dass jeder für sich ein geeignetes Umfeld für die Sitzung hat schaffen können. Vereinbarte Termine sollten wie bei anderen Sitzungen eingehalten werden. Es kann für meinen Counsel-Partner irritierend sein, hinsichtlich Tagesablauf und Wohnung Vorbereitungen getroffen zu haben und mich dann nicht erreichen zu können, weil mich gerade jemand Anderer in ein langes Telefongespräch verwickelt hat.

Gleichwertigkeit
Neben einem gleichen Zeitrahmen ist es wichtig, auch die Kosten gleich zu verteilen. So vermeidet man von vorneherein irritierende Gefühle, wie z.B. zu Dankbarkeit oder Schuld. Am einfachsten ist es, dass derjenige, der zuerst angerufen hat, nach der ersten Hälfte auflegt und vom Anderen wieder angerufen wird.

Techniken

Wo/wie sitze/liege ich?
Man nimmt möglichst eine unbelastete und ungewohnte Position ein, um nicht von Gedanken an den Alltag abgelenkt zu werden. Es ist z.B. nicht günstig, in der Sitzung auf dem Schreibtischstuhl an seinem Arbeitsplatz zu sitzen. Manchmal reicht als Veränderung vielleicht bereits, sich auf den Fußboden vor den Stuhl zu setzen. Um diese neue Situation zu schaffen.

Dauer der Sitzung
Von Vorteil kann sein, auch hier mit kürzeren Sitzungen (2 x 15 Minuten) zu beginnen und zu lernen, mit den neuen Anforderungen zurechtzukommen. Danach können beide längere Sitzungen ausprobieren und die für sie günstigsten Zeiten finden. Möglicherweise ist beim co-counseln am Telefon die Aufmerksamkeit nicht so leicht in beiden Rollen aufrechtzuerhalten wie in einer Situation, in der man sich direkt gegenüber sitzt. Da kann man einander mit mehreren Sinnen wahrnehmen und nicht allein durch Zuhören.

Welchen Kontrakt wählt man?
Beim Telefon-Counseln zeigt der Counseler bei alleiniger freier Aufmerksamkeit immer wieder seine Anwesenheit durch ein kleines ‚hm’ oder etwas ähnliches. Wird mit normalem Kontrakt gearbeitet, signalisieren die Vorschläge des Counselers dem Klienten: Es gibt da jemanden, der mir Aufmerksamkeit schenkt.

Worauf sind die Augen von Counseler und Klienten gerichtet?
Da das Gegenüber fehlt, kann man auf eine neutrale Ecke des Zimmers schauen, auf Gegenstände ohne besondere Bedeutung, die daher nicht ablenken.
Zeitweise können auch die Augen geschlossen werden; damit aber der Kontakt zur Außenwelt erhalten bleibt, ist es sinnvoll, dass weder der Klient noch der Counseler dies die ganze Zeit über tun.

Wie können Interventionen auf Nonverbales aussehen?
Zu Körperreaktionen kann der Counseler in Sitzungen am Telefon keine Vorschläge machen. Er kann die Gesten und Bewegungen ja nicht sehen. Seine Aufmerksamkeit gilt dafür konzentriert der Stimme. So ist man manchmal mit dem Ohr näher am Prozess des Klienten als beim normalen Counseln.
Wer spricht, der ist durch seine nonverbalen Mitteilungen mit der Stimme immer auch ein "Wahrsager“. Aufmerksam dafür sein, heißt hellhöriger sein. Nonverbale Mitteilungen der Stimme sind Mitteilungen der Stimme, die nicht aus Worten bestehen, sie bestehen daraus, wie etwas gesagt wird. Die Stimme kann z.B. variieren zwischen:

lauter / leiser (flüstern)
schneller (hastig) / langsamer (schleppend)
wechselndes Sprechtempo / Pausen (Redefluss)
höhere Tonlage / tiefere Tonlage
stärkere Akzentuierung / schwächere Akzentuierung
gleichförmiger (monoton) / variantenreicher (lebendig)

Besonders interessant sind Änderungen in der Stimmlage, da diese einhergehen mit Änderungen in der Gefühlslage.
Oft sind auch kleine ’Fehler’ wie Versprecher, Stottern, ein Wort nicht finden können, Räuspern, Zögern Hinweise dafür, dass gerade neben den gerade ausgesprochenen Worten noch etwas anderes wichtig ist.
Um die Stimmänderungen deutlicher zu machen, kann der Counseler vorschlagen, diese Änderungen zu wiederholen, zu verstärken, zu übertreiben, in ihr Gegenteil zu verkehren (Entsprechen der Technik ‚Widersprechen). Er kann vorschlagen die Aufmerksamkeit auf die parallel dazu stattfindenden Prozesse zu richten, auftauchende Gedanken, Erinnerungen, Bewegungen des Körpers, Gefühle zu beschreiben.

Wie geht man mit starken Gefühlen um?
Das Arbeiten an starken Gefühlen ist bei Sitzungen am Telefon mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Deshalb wird man es auch nur in besonderen Situationen tun.

Um Gefühle ausdrücken zu können, kann der Klient den Telefonhörer auch phasenweise zur Seite legen. Hierfür ist ein Head-Set oder eine Freisprecheinrichtung günstig. Genügend Kissen sollten vor jeder Sitzung bereitliegen. Ist der Counseler unsicher, in wie die Umgebung des Klienten gerade aussieht, kann er sich mit einer einfachen Frage danach erkundigen (z.B.: Hast du Kissen bereitliegen? Gibt es etwas, auf das du dich legen kannst?).

 

Besondere Qualitäten des Co-Counselns am Telefon.
Sitzungen am Telefon eignen sich gut dafür an eigenen Vorhaben zu arbeiten, bei denen das Ausdrücken von Gefühlen nicht im Vordergrund steht. So wurden z.B. gute Erfahrungen damit gemacht, in einer beruflich besonders belastenden Situation über einen bestimmten Zeitraum die Arbeitstage damit zu beginnen, Ziele, eigene Stärken, Wichtigkeiten usw. in kleinen Sitzungen am Telefon zu klären.

 

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