Sitzungen
Sicherheit beim Co-Counseln
Wie bereits oben beschrieben besteht das Herzstück einer
Co-Counsel-Sitzung aus der Einladung "Du darfst hier sein".
Damit der Klient diese Einladung annehmen kann, braucht er
Sicherheit.
Wenn der Klient sich in einer Co-Counsel-Sitzung sicherer fühlt
als in der irritierenden, belastenden, verletzenden Situation,
die ihn beschäftigt, kann er die Situation und sich selbst
darin besser verstehen sowie Alternativen zu seinem bisherigen
Denken und Handeln entwickeln.
Zur Sicherheit in einer Sitzung und im Netzwerk gehört
im Detail folgendes:
Vertraulichkeit
Alles, was in einer Sitzung geschehen ist, bleibt dort:
Der Klient kann sich mit dem, was in seiner Sitzung geschieht,
sicher fühlen, denn niemand wird sich innerhalb oder
außerhalb der Sitzung darauf beziehen. Nur wenn er selbst
sich dafür entscheidet, kommt er darauf zurück.
Der Counseler bezieht sich nach dem Rollentausch in seiner
eigenen Sitzung als Klient nicht auf eine vergangene Sitzung
seines Partners. Wenn diese bei ihm starke Gefühle ausgelöst
hat, mit denen er arbeiten möchte, tut er das in einer
Sitzungen mit Jemand anderem.
Achtung und Toleranz
Der Counseler zeigt dem Klienten seine Achtung durch Zugewandtheit,
freie Aufmerksamkeit und indem er sich in seinen Reaktionen
möglichst wenig bis gar nicht an eigenen Normen und
Theorien orientiert. Das eröffnet dem Klienten den produktiven
Raum, in dem er sich angenommen fühlt und das ausdrücken
kann, was in ihm ist. Auch die Achtung vor der selbst gewählten
Geschwindigkeit des Anderen ist ein wesentliches Element
für die Sicherheit des Klienten.
Die Achtung des Counselers vor dem selbstgesteuerten Prozess
des Klienten stammt aus seiner eigenen Erfahrung als Klient,
dass mehr zu wissen, als man bereits weiß, mehr zu tun,
als man bereits tut, immer das Risiko beinhaltet, bestehende
Sicherheiten zu verlieren.
Balance der Aufmerksamkeit sich selbst gegenüber bei
der Arbeit
Die Verankerung des Klienten hier und jetzt in der Sitzung
in einer sicheren Situation zu sein, gibt ihm Mut, sich auf
das manchmal schmerzvolle Ansehen von vergangenen Situationen
einlassen zu können. Diese Balance der Aufmerksamkeit
sorgt dafür, dass er sich als Klient nicht in den aufkommenden
Gedanken und Gefühlen verliert. Die präsente unterstützende
Anwesenheit und die Vorschläge des Counselers unterstützen
diese Balance.
Eine Voraussetzung für sicheres Arbeiten ist deshalb die
Kenntnis von Techniken zum Umlenken der Aufmerksamkeit, d.h.
der Klient hat die Möglichkeit durch kleine auf die Gegenwart
konzentrierende (verankernde) Elemente sich immer wieder der
sicheren Situation in der Sitzung zu vergewissern
Die notwendige Balance der Aufmerksamkeit ist nicht möglich
unter dem Einfluss von Alkohol, Drogen oder stimmungsverändernden
Medikamenten. Unter diesen Umständen sind keine Sitzungen
möglich.
Die Verantwortung des Klienten
Die Verantwortlichkeit für den Prozess liegt ausschließlich
beim Klienten. Der Counseler gibt keine Interpretationen,
Bestätigungen, Ratschläge, Zusammenfassungen, der
Counseler unterstützt den Prozess des Klienten, sich über
sich selbst klar zu werden.
Abstimmen körperlicher Nähe
Der Klient gibt an, wo er den Counseler haben möchte.
Der Counseler kann ihm z.B. in der Sitzung gegenüber
sitzen. Der Klient sagt, welcher Abstand gut für ihn ist
und ob er in der Sitzung Vorschläge für körperliche
Unterstützung möchte. Das könnte z.B. das Halten
der Hände sein, oder das Legen einer Hand auf den Rücken.
(Wenn der Counseler eine Berührung oder eine körperliche
Nähe nicht geben kann, ohne in seiner Aufmerksamkeit beeinträchtigt
zu sein, ist es wichtig, dies zu sagen und es dann auch nicht
zu tun, damit er weiterhin wirkungsvoll unterstützen kann.)
Das Arbeiten mit klarem Kontrakt
Der Klient vereinbart mit dem Counseler einen klaren Kontrakt
für die Sitzung. Dieser ermöglicht es dem Klienten,
den Prozess in der eigenen Hand zu behalten und dem Counseler,
auf die gewünschte Art zu unterstützen. Der Klient
kann den Kontrakt während der Sitzung jederzeit ändern.
Folgen und Anbieten
Der Klient ist der ’Chef’ seiner Sitzung und bestimmt,
woran und wie intensiv er arbeiten will. Der Counseler folgt
dem Prozess des Klienten und gibt, wenn der Klient sich für
einen Kontrakt mit Interventionen entschieden hat, immer wieder
Anstöße, welche den Klienten bei seinem Prozess
der Selbstexploration unterstützen. Z.B. noch einmal
hinzusehen, die Perspektive zu wechseln, oder auf Vorstellungen
und sich meldende Empfindungen des Körpers zu achten.
Der Counseler gibt Sicherheit, indem er klar vom Prozess des
Klienten getrennt bleibt. Er ist Teil seines Ankers in der
sicheren Jetzt-Situation. Wenn der Klient z.B. leiser wird,
macht der Counseler weiterhin seine Vorschläge mit klarer
deutlicher Stimme.
Körperliche Sicherheit
Manchmal können in einer Sitzung starke Affekte hochkommen,
z.B. Wut. Der Counseler unterstützt den Klienten dabei,
Gefühle frei auszudrücken und zu entladen. Das Ausdrücken
und Entladen von Wut kann durch Schlagen mit den Fäusten
erfolgen. Der Counseler achtet unbedingt darauf, das diese
Schläge immer auf Kissen oder auf eine Matratze gerichtet
sind und dass der Klient vorher Armbänder, Ringe und Uhren
ablegt. Der Klient sorgt mit dafür, sich selber und den
Counseler nicht zu verletzen und auch nicht die Umgebung zu
beschädigen. Der Counseler stoppt die Sitzung sofort,
wenn der Klient eine Gefahr für sich selber, den Counseler
oder für die Umgebung ist.
Kennen der Techniken
In einer Sitzung kennen beide die Techniken, die Regeln und
das Setting. Deshalb gibt es keine manipulativen Techniken.
Jeder weiß aus Erfahrung, wie die Techniken wirken.
Es ist für die Sicherheit wichtig, dass alle, die im Netzwerk
arbeiten, die Methoden kennen und die Regeln akzeptieren, deshalb
kann man nur mit jemandem co-counseln, der ebenfalls die Techniken
gelernt hat.
|