Handbuch
zum Co-Counseln (Co-Counselling)

10 Rollenspiel

Ziel
Rollenspiele sollen helfen, eine Situation lebendig und mit allen Gefühlen nachzuerleben.

Methode
Kommt in der Sitzung des Klienten eine Person vor, mit der es etwas zu klären gibt, kann der Counseler dem Klienten das Rollenspiel anbieten. Der Klient gibt dem Counseler dazu genaue Rollenanweisungen, was er sagen soll, wie er es sagen soll, wie er sich dazu bewegen soll usw. . Es kann sinnvoll sein, dass der Klient seine Anweisungen mehrmals verändert und mehrere Varianten ausprobiert, bis er die Rolle als stimmig erlebt.
Das Rollenspiel kann auf verschiedene Weisen benutzt werden:
- Durch ein Rollenspiel kann der Klient eine Situation aus der Vergangenheit nacherleben.
- Der Klient kann mittels eines Rollenspiels mögliche zukünftige Situationen in die Gegenwart verlagern und verschiedene Verhaltensweisen ausprobieren, indem er diese konkret durchspielt.
- Der Klient kann das Rollenspiel benutzen, um eine negative Aussage (’ich bin nicht gut genug’) oder eine einschränkende Forderung (’ich muss vernünftig sein’) über sich selbst nach außen zu verlagern und sie sich vom Counseler mitteilen zu lassen (’du bist nicht gut genug’, ’du musst vernünftig sein’). Dadurch kann sich der Klient in der Sitzung mit Personen und Situationen auseinandersetzen, von denen er diese Aussagen schon einmal gehört hat.
- Manchmal ist es nützlich, dass der Klient selbst die andere Person spielt, die ihn verletzt hat bzw. mit deren Verhalten er konfrontiert war. Dieser Perspektivwechsel bricht vorgefasste Sichtweisen auf oder parodiert die Situation. Es macht Empathie manchmal erst möglich. Dem Klienten kann das Andere im Anderen zugänglicher werden.
- Er kann einen schmerzenden inneren Konflikt – beispielsweise wenn jeder Gedanke sofort durch sein Gegenteil blockiert wird - mittels Rollenspiel bearbeiten. Er lässt dann beide Seiten nacheinander zu Wort kommen. Er setzt (oder stellt) sich auf ein Kissen (oder Stuhl) und beginnt mit der einen Seite und wechselt dann auf den anderen Platz und erwidert. So kann er sich auch mit sich selbst streiten und immer wieder den Platz wechseln. Ziel ist, möglichst viel von dem zu erfahren, was jede Seite beinhaltet. Der Klient beendet das Rollenspiel, indem er auf seinen Ausgangsplatz zurückkehrt und das Gespielte aus seiner eigenen Perspektive zusammenfasst.
- Der Klient kann den Counseler bitten, die für ihn störende, blockierende innere Stimme zu übernehmen. Gibt er dem Counseler anstelle von konkreten Sätzen (’wiederhole: Du schaffst das nicht’) nur einen Rahmen vor, (’sag mir alle möglichen Sätze, die meine Fähigkeiten heruntermachen’) wird bewusst in der Sitzung mit einem höheren ‚Risiko’ gearbeitet. Auf der einen Seite können solche offenere Interventionen dem Klienten neue Anstöße geben und ihn seine eigene Kraft spüren lassen, auf der anderen Seite können sich – wenn es ’zu viel’ wird – im Klienten Blockaden aufbauen.

Elemente des Rollenspiels können in einer Sitzung vom Counseler vorgeschlagen oder vom Klienten selbst initiiert werden.

Vorschläge des Counselers dazu
Möchtest du, dass ich ... bin?
Was soll ich dir als ... sagen?
Was sind seine Worte?
Wie soll ich es dir sagen?
Wie ist es, es mir so zu sagen, als ob ich ... wäre?
Sag es zu dem Kissen!
Sage ihren/seinen Namen!
Sage ’ich’!
Was hast du ihm/ihr noch nicht gesagt?
Was hättest du noch sagen können, wenn du nichts zurückgehalten hättest?
Willst du die Rolle einmal tauschen?

Beachte
Der Counseler hat beim Rollenspiel eine Doppelrolle. Er ist sowohl aktiver Teilnehmer als auch weiterhin unterstützender Counseler. Damit der Counseler beim Rollenspiel aufmerksam unterstützen kann und nicht durch die Beschäftigung mit den eigenen Reaktionen abgelenkt wird, kann der Klient in Richtung eines Kissens sprechen, das der Counseler neben sich hält. Legt der Counseler das Kissen beiseite, verdeutlicht er damit das Ende des Rollenspiels und begibt sich wieder in die ausschließlich unterstützende Position. Wird kein Kissen benutzt, kann das klare Aussprechen des Methodenwechsels am Ende des Rollenspiels (’Du bist jetzt nicht mehr Peter Meier sondern Bernd’ und ’Ich bin ab jetzt wieder allein dein Counseler’) sein Identifiziert-Werden mit einer anderen Person auflösen.

Hintergrund
Beim Co-Counseln erfindet der Counseler keine Rolle. Er lässt sich vom Klienten genaue Anweisungen geben, was seine Rolle ist, denn Co-Counseln bezieht sich auf das reale Lebensdrama und die darin erfahrenen Konfrontationen und es werden keine konfrontierenden Techniken angewendet.
Dadurch unterscheidet sich das Rollenspiel im Co-Counseln vom Rollenspiel im Psychodrama. Auch hier ist der Klient er selbst, und andere Gruppenmitglieder spielen Rollen aus seiner Vergangenheit; diese entwickeln sie aber - reagierend auf den Klienten - aus ihrer eigenen Vorstellung heraus.

 

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