Dinge mit Freunden, Partnern
oder Kollegen durchsprechen zu können, tut gut, und die
meisten bekommen auf diese Art ihre Angelegenheiten "auf
die Reihe". Beim Co-Counseln geschieht dies auf
eine konzentrierte Weise mit einem Partner, der wie wir
selbst dafür trainiert ist. Man arbeitet gleichberechtigt
in wechselnden Rollen als Klient und als Unterstützer
(Counseler).
(Textstelle zum Reden mit Freunden aus "Die Börse auf der Couch" von Hanno Beck - FAZ 15. August 2008)
[anzeigen >>]
Ein anderes Ergebnis von Befragungen ist, dass Anleger sich gerne mit Freunden oder Kollegen über geplante Transaktionen austauschen - gefährliche Zeugen, …. „Zeugen erhöhen die emotionale Bindung an ein Investment enorm. Ist das Geschäft dann nicht erfolgreich, droht ein Gesichtsverlust, und es fällt schwer, die betreffenden Positionen wieder abzustoßen", erklärt er. Wenn man über seine Investments sprechen wolle, dann am besten mit einem neutralen Gegenüber, das zudem unbefangen von persönlichen Beziehungen Rat geben könne. [verbergen >>]
Ein
möglicher Beginn einer Co-Counsel-Sitzung
und Beispiele für einige Techniken:
Margit
und Paul treffen sich in Margits Wohnung
für die wöchentliche
Co-Counsel-Sitzung. Sie haben Margits Wohnung
dafür ausgesucht, da sie hier nicht gestört
werden und niemand belästigen.
Sie setzen sich im Wohnzimmer auf zwei Sessel
einander gegenüber und vereinbaren
wie lange sie heute arbeiten wollen. Mit einer Dauer von 40 Minuten weichen
sie ab von ihrer Praxis der letzten Wochen, in denen sie jeweils 50 Minuten
lange Sitzungen hatten. Margit möchte zwischen den Sitzungen und ihrem
nächsten Termin etwas Zeit für sich haben.
Dann fragt Margit wer anfängt. Paul ist es gleich, deshalb entscheidet
Margit: Sie will heute beginnen.
Paul fragt, welche Art von Interventionen Margit sich für ihre Sitzung
wünscht. Sie sagt, dass er zu Beginn nur zuhören, danach aber normal
interveniert soll, dann möchte sie fünf Minuten vor Ende ihrer Zeit
von ihm einen Hinweis erhalten, um den Schluß der Sitzung dazu verwenden
zu können, ihre Konzentration wieder nach außen zu richten.
Paul stellt den Timer auf 40 Minuten und Margit beginnt:
Sie spricht über die vergangene Woche. Dabei spricht sie zu sich selbst
ohne darauf zu achten, dass Paul immer alles verstehen kann. Sie spricht über
Situationen an ihrem Arbeitsplatz, die seit längerem oft sehr anstrengend
für sie sind. Immer wieder kommt es zu unterschwelligem Streit mit zwei
Kollegen. Es liegt oft mehr Arbeit an, als sie schaffen kann, und gleichzeitig
sind viele Zuständigkeiten nicht geregelt. Manchmal beginnen sie und ein
Kollege gleichzeitig mit einem Kunden Kontakt aufzunehmen, andere Arbeiten
bleiben unerledigt liegen. Der Abteilungsleiter hat sie schon zweimal stehen
lassen, als sie mit ihm über diese Situation reden wollte. Es scheint
Margit; dass dieser selbst sehr viel Stress hat, und sich deshalb jeder zusätzlichen
Belastung konsequent entzieht. Margit beschreibt Situationen, in denen sie
ihre Konzentrationsfähigkeit verliert, und Fehler macht und sie wiederholt
die Vorwürfe, die sie sich deshalb macht. Sie beschreibt einen Wortwechsel
mit einem Kollegen.
Paul war ihr die ganze Zeit zugewandt und hat aufmerksam zugehört. Jetzt
bemerkt er, dass Margit ihre Hände faltet und die Handflächen mit
einiger Kraft aufeinander presst. Er nimmt das als Zeichen, dass Margit möglicherweise
einen für sie wichtigen Punkt berührt hat, und er beginnt zu intervenieren.
Er macht ihr nacheinander verschiedene Vorschläge, die Situation neu entstehen
zu lassen, sie genauer anzusehen:
-
Was geschah alles in diesem Moment?
-
Wo hast du gesessen?
-
Wie hast du gesessen? Kannst du es vormachen?
-
Worauf war dein Gesicht gerichtet?
-
Was hast du gesagt? - Sag es in direkter
Rede.
-
Wie hat dein Kollege gesessen?
-
Kannst du einen Satz deines Kollegen wiederholen?
-
Welche Erwartung hattest du an die Situation?
-
Was hast du dir in der Situation von
deinem Kollegen gewünscht?
-
Gibt es weitere Erwartungen, auch anscheinend
völlig unsinnige?
-
Was von allem wäre das schönste,
wenn es eintreffen würde?
-
Was fühlst Du jetzt?
-
...
Paul
hilft Margit mit seinen Interventionen die
Situation in sicherer Distanz
konkret nachzuerleben. Dieses Konkretisieren
ist eine wichtige Technik beim Co-Counseln.
Durch eine detailgenaue Beschreibung gelangt
man manchmal an Punkte, die sich als wesentlich
für das Verstehen einer Situation und
sinnvolles eigenes Handeln erweisen. Solche
Möglichkeiten sind oft aus verschiedenen
Gründen dem Blick verstellt. Sie werden
von einem "inneren Zensor" z.B. dadurch zurückgehalten,
indem "Wichtiges" von "Unwichtigem" im Vorfeld
des Aussprechens unterschieden wird.
Dies
als Beispiel für
den möglichen Beginn einer Co-Counsel-Sitzung.
Wie die Sitzung dann weiter geht, ist völlig
offen. Margit könnte sich z.B. entscheiden
alternative Handlungsmöglichkeiten zu
entwickeln. Genausogut könnte sie versuchen
sich an etwas zu erinnern und zu verstehen,
was hinter diesen Konfliktsituationen steht.
Vielleicht
hilft auch die Beschreibung von einigen weiteren
Techniken,
sich eine Co-Counsel-Sitzung besser vorstellen
zu können:
Technik Freie
Aufmerksamkeit
Es gibt Phasen in Sitzungen,
in denen nur freie Aufmerksamkeit gegeben wird.
Freie Aufmerksamkeit ist weniger eine Technik
als eine Haltung.
Die
Technik dabei ist: Der Counseler hört
nur konzentriert zu. Er ist dem Klienten
zugewandt und schaut ihn an. Er ist präsent
und nimmt teil am Prozess des anderen.
Die
Haltung ist: Das Geben der freien
Aufmerksamkeit geschieht aus einer tiefen
positiven Einstellung dem Prozess des Klienten
gegenüber. So entsteht für den
Klienten der Raum und die Sicherheit, sich
mit eigenen dunklen Seiten auseinander zu
setzen. Solche Achtung vor der Würde
des Anderen entwickelt sich beim Co-Counseln
durch die Erfahrungen, die man in den wechselnden
Rollen macht. Die freie Aufmerksamkeit unterstützt
den Klienten durch das Vertrauen des Counselers
in die in ihm liegenden Kräfte für
seinen ganz persönlichen Weg der Entwicklung.
Er hat für diesen Prozess einen Zeugen,
der die Arbeit für ihn wirklicher und
damit gewichtiger macht.
Technik Assoziieren
Der
Klient spricht Gedanken aus und beschreibt
Bilder, die in seinem Kopf
entstehen. Er achtet dabei nicht darauf, dass
es einen Sinn ergibt. Er folgt einfach allem,
was sich bei ihm nach und nach einstellt. Kommt
der Klient ins stocken oder wechselt z.B. sein
Gesichtsausdruck, so kann der Counseler ihn
durch Interventionen unterstützen:
-
Was ist der Gedanke?
-
Woran erinnert dich das?
-
Woran erinnert dich das noch?
Das
macht der Klient so lange, bis er auf etwas
gestoßen ist, das ihm
wichtig erscheint, z.B. wegen eines starken
Gefühls, weil er sich bei Reden versprochen
hat, oder weil der Körper bei einem Gedanken
in Bewegung geraten ist. Siehe auch:
Heinrich
von Kleist, "Über die allmähliche
Verfertigung der Gedanken beim Reden"
Technik Rollenspiel
Im geschützten Rahmen
des Rollenspiels beleuchtet der Klient ein
Problem. Ein konkretes Ereignis wird durch
das entdeckende Spiel genau beschrieben. So
kann der Klient in Kontakt mit den damit verbundenen
Gefühlen kommen, zu denen er durch reines
Nachdenken keinen Zugang hatte. Szenen werden
mehrfach in Variationen wiederholt, bis sie
'stimmen'. Auch Zukunftsvorstellungen können
gespielt werden, um auszuprobieren, wie tragfähig
sie sind.
Der
unterstützende Counseler
ist das Gegenüber des Klienten. Von diesem
wird er immer wieder neu in die Szene und seine
Rolle eingewiesen.
In dieser Rolle kann er z.B.
bei einem Konflikt in der Familie folgendes
fragen:
-
Ich bin dein Vater, was hast du mir zu
sagen?
-
Wem sagst du das wirklich?
-
Was wünscht du dir von mir, deinem
Vater, dass ich dir antworte?
Auch
im Laufe einer Sitzung auftauchende Sprachbilder
können gespielt
werden: "Ich bin so bedrückt", "Sie zerrt
an meinen Nerven" und vieles andere, um neue
oder deutlichere Zugänge zu Situationen
herzustellen.
Technik Handlungen
planen
Der
Klient setzt Pläne
in konkrete Details um. Er übt sich in
klarem Denken, in dem er Ziele und die Wege,
diese zu erreichen möglichst detailliert
und konkret ausspricht. Der Counseler kann
ihn mit Fragen bei der Erreichung seines Ziels
unterstützen:
-
Welches kleine Teilziel möchtest
du zuerst erreichen?
-
Was kannst du dafür tun, das zu erreichen?
-
Kann dich jemand dabei unterstützen?
-
Welche Schwierigkeiten befürchtest
du?
-
Was wirst du tun, wenn sie auftreten?
-
Wann wirst du das tun?
-
Wem wirst du davon erzählen, wenn
du Ziel erreicht hast?
-
Wann wirst du das berichten?
|
In einem Grundkurs
von vierzig Stunden werden die Methoden erlernt. Man
arbeitet beim Co-Counseln
zu zweit, eine Person arbeitet (Klient), die andere Person
(Counseler) unterstützt den Arbeitenden. Nach einem zuvor
vereinbarten Zeitraum (z.B. 45 Minuten) werden die Rollen
für eine gleiche Zeitspanne getauscht.
Manchmal ist es gut zu vereinbaren, für welche Dauer, z.B. zehn Wochen
mit je zwei Sitzungen, man mit einem Co-Counsel-Partner arbeiten will. Das
fördert Sicherheit (ich weiß, dass ich genügend Zeit habe, um auch an schwierigeren
Problemen zu arbeiten) und Dynamik des Arbeitens (ich habe nicht unendlich
viel Zeit und muss mich deshalb entscheiden, was ich in der Zeit erreichen
will).
Der Klient arbeitet an seinem Problem; diesen Prozess unterstützt der Counseler
mit konzentrierter Aufmerksamkeit und Interventionen. Interveniert wird jedoch
nur mit Vorschlägen zum Vorgehen in der Sitzung, nicht aber zum Inhalt
der Arbeit. In keinem Fall bewertet der Counseler den Prozess des Klienten.
Er formuliert auch keine Ratschläge, Interpretationen oder Zusammenfassungen.
Verantwortlich
für den Prozess ist immer
der jeweilige Klient selbst. Er bestimmt, ob und in welchem
Ausmaß er die Hilfen des Counselers in Anspruch nimmt.
Er entscheidet, was er bearbeiten will und was er dabei
von sich preisgeben will. Alles was in Co-Counsel-Sitzungen
bearbeitet wird, ist vertraulich. Es wird vom Counseler
in keiner Weise wieder angesprochen, nicht in folgenden
Sitzungen, schon gar nicht außerhalb.
Es ist zu empfehlen,
die Treffen für
Co-Counsel-Sitzungen von normalen sozialen Kontakten
freizuhalten, um die Aufmerksamkeit möglichst ganz für
den Prozess selbst zur Verfügung zu haben. Gemeinsames
Kaffeetrinken oder sonstige Gespräche sollte es deshalb
weder vor noch nach einer Sitzung geben. Auch privat
treffen sich Mitglieder des Co-Counsel-Netzwerks in der
Regel nicht, denn private Kontakte können die offene
Zuwendung beim Arbeiten beeinträchtigen, wenn Abhängigkeiten
entstehen. Wer viel Erfahrung mit dem Co-Counseln hat,
ist eher in der Lage, klar zu unterscheiden zwischen
der Arbeit in Co-Counsel-Sitzungen einerseits und privaten
Kontakten mit normalen sozialen Regeln andererseits.
|