Wie funktioniert Co-Counseln?

Wichtige Schritte beim Co-Counseln:

Den Menschen stärken, die Sache klären und Neues ausprobieren.

  sich stärken
Die Idee: Mit dem Wissen um die eigene Kraft fällt es leichter, sich Situationen genauer anzuschauen, auch unangenehme und schmerzhafte Gefühle und Erlebnisse, die oft damit verbunden sind. Geschwächte Menschen halten sich eher fest an dem, was sie kennen und was ihnen sicher ist. Menschen, die um ihre eigene Stärke wissen, lassen sich mutiger auf Neues und Unbekanntes ein.

Um ein Gefühl für die eigene Stärke zu entwickeln, richtet man seine Aufmerksamkeit auf eigene Fähigkeiten und das, was man damit erreicht hat. Oder man erinnert sich an angenehme Erlebnisse, die einem Freude bereitet haben. Stärke gewinnen beim Co-Counseln beide Partner auch, weil zu spüren ist, wie der Entwicklungsprozess des jeweils anderen unterstützt wird. Dies alles fördert Selbstachtung und Wertschätzung.

  sich sicher fühlen
Die Idee: Nur wer sich sicherer fühlt, hat den Mut, unbekannte und manchmal dunkle Seiten des eigenen Ichs wahrzunehmen und sich schmerzhafte Realität anzusehen. Es ist in gewisser Weise die Umkehrung des Satzes "Angst macht dumm".

Co-Counseln soll so praktiziert werden, dass jeder sich sicher fühlen kann:

  • Alle Techniken sind einfach und für jeden offen zugänglich. Niemand wendet andere Techniken an, als diejenigen, die er selbst im Rahmen des Co-Counselns kennen gelernt hat. Alle Methoden sind rational begründet und beziehen sich auf die humanistische Psychologie.
  • Der Selbstklärungsprozess liegt allein in der Eigenverantwortung des Klienten. Wie bereits beschrieben, gibt der Counseler weder Ratschläge, Interpretationen noch Zusammenfassungen. Nur Vorschläge zum Vorgehen des Arbeitens werden gemacht. Diese werden vom Klienten jeweils angenommen oder abgelehnt. Es werden beim Co-Counseln keine konfrontierenden Techniken angewendet, bei denen jemand angegriffen wird.
  • Es gibt keine Hierarchien in Co-Counsel-Sitzungen, jeder ist gleichberechtigt.
  • Was in Co-Counsel-Sitzung geschieht, ist vertraulich und bleibt in dieser Co-Counsel-Sitzung. Niemand nimmt wieder Bezug darauf, weder außerhalb noch in einer anderen Sitzung.
  • Der Klient weiß in seinem Prozess, dass der Counseler auf ihn aufpasst. Wenn er sich in seinen Gefühlen verliert, oder von ihnen überwältigt wird, gibt es jemanden, der mit Hilfe bekannter Methoden zu verhindern hilft, dass er in festgefahrenen Situationen stecken bleibt. Anders als in professionellen Therapien behält der Klient jederzeit die Verantwortung für seine Sitzung und hat zusätzlich ein Sicherheitsnetz durch den Counseler zur Verfügung.

Auf diese Weise entsteht ein sicherer und geschützter Raum, vergleichbar mit einem Labor, in dem vieles gesagt und gesehen werden kann, was unter anderen Bedingungen eine zu große Angst auslösen könnte.

  sich erinnern, Situationen nacherleben, sich entlasten
Konkretes Erinnern und Nacherleben soll helfen, das Klammern an "liebgewordene" Überzeugungen aufzuheben. Dabei auftauchende Gefühle können sich manchmal durch Weinen, Schreien oder Lachen entladen. Dies zuzulassen erleichtert und befreit ein Stück von belastenden Gefühlen. So kann Distanz zu Problemen erzeugt werden, und der Kopf wird freier gemacht für eine neue klarere Sicht.

Der Klient beginnt oft mit der Beschreibung eines akuten Problems, einer aktuellen Situation, eines momentanen Gefühls. Die Aufmerksamkeit des Klienten richtet sich einerseits darauf, dass er sich in einer sicheren Situation befindet und über Fähigkeiten und Kraft verfügt, andererseits auf jene belastende Situation, die er gerade bearbeitet. Er setzt sich mit problematischen Situationen möglichst genau auseinander. Er entfernt sich von Einschätzungen und Überzeugungen und achtet mehr und mehr auf konkrete Eindrücke, Bilder und Gefühle. Er entdeckt dabei eine Situation immer wieder neu, indem er die Perspektiven wechselt, nach innen und nach außen schaut. Verschiedene Techniken helfen ihm, sich zu erinnern, unterstützen den Wunsch, etwas endlich (!) sagen zu können, und vermindern die Angst davor, daß es (!) sichtbar wird.

  Dinge neu bewerten
Was man neu entdecken, damit neu sehen und fühlen konnte, muss, um wirksam werden zu können, zu etwas Neuem zusammengefügt und in das Bezugssystem der Person integriert werden.

Der Verstand bewertet neu, rational werden Erfahrungen neu "sortiert". Man lernt zu unterscheiden zwischen "dort und damals" und "hier und jetzt" und zwischen "innen und außen" und zwischen "ich und du".
Man ahnt oder denkt das Neue nicht nur, sondern spricht es vor einem Zeugen aus. Indem man dabei entstehende Gefühle und Gedanken wahrnimmt und beachtet, erlebt man sich selbst auf einer Vorstufe des Handelns und wird neuen Perspektiven und Handlungsspielräumen gegenüber sicherer.

  Etwas Neues ausprobieren, etwas wagen
Neues wirkungsvoll und dauerhaft in das Ich zu integrieren, erfolgt am intensivsten, indem es als eigenes Handeln erlebt wird. Da "die Welt nicht zusammenbricht" und nichts Schlimmes passiert, können alte Überzeugungen geändert werden. Dies ist in gewissem Sinne die Krönung der ganzen Arbeit. Denn nachhaltig sicherer werden kann man nur, wenn man etwas getan - und nicht nur beredet - hat.

Man probiert Schritte zu einem angestrebten Ziel hin aus, lernt größere Schritte in kleine aufzuteilen und sich Unterstützung für seine Vorhaben zu suchen. Man ist aufmerksam eigenen Erfolgen gegenüber, um für weitere Schritte mit neuen Risiken Mut zu fassen.

Man lernt dabei seine eigenen Grenzen kennen und akzeptieren, seien es körperliche Einschränkungen oder Grenzen der psychischen Belastbarkeit. Man entdeckt neue Möglichkeiten, mit belastenden Gefühlen besser umzugehen, aufkommende destruktive Gefühle mitunter nicht entstehen zu lassen, indem man sich selbst bewusst wahrnimmt. In diesem Sinne lernt man, sich selbst ein guter Freund zu sein, achtsam mit sich selber umzugehen.
Zu diesem Prozess gehört nicht nur, dass man lernt, mutig zu sein, Schwierigkeiten und Konflikte auszuhalten und zu lösen. Genauso bedeutsam zu lernen ist, wie man verlieren und Misserfolge haben kann, ohne dass dies Kratzer am eigenen Selbstwertgefühl hinterlässt.

  5/10