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Eine zeitliche Orientierung in den Runden macht den Raum zum Sprechen sicherer: In der ersten Runde spricht jeder nur kurz – nicht mehr
als eine Minute.
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3. Die Regeln:
Die Regeln für den Redekreis sind an einer Hand abzuzählen:
1. Einer spricht, das ist derjenige, der das Redesymbol in der Hand hält. Er spricht das aus, was sein Anliegen ist, was er auf dem Herzen hat. Er spricht aus, was ausgesprochen werden möchte. |
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2. Die anderen hören aufmerksam zu. Sie unterbrechen nicht, sie kommentieren nicht, sie geben keine Ratschläge, sie sind ganz Ohr. |
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3. Alles was im Redekreis angesprochen wird, bleibt in diesem Raum. D.h. für die Inhalte des Redekreises ist Verschwiegenheit vereinbart. |
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4. Jeder hat die gleiche Zeit zu sprechen. Man kann sich also ganz auf sein Sprechen konzentrieren und muss sich keine Gedanken machen, wann man zu Wort kommt, oder ob man zuviel spricht. |
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5. Man achtet beim Sprechen auf seine Grenzen und sagt nur das, was man sagen möchte. Wenn man im Moment nichts sagen möchte, gibt man das Redesymbol schweigend weiter. Er kommt am Ende der Runde wieder bei einem an und man kann noch einmal entscheiden. |
Der Redekreis hat einen Moderator, der den Kreis durch die Stunde führt.
4. Anfang und Ende des Redekreises
Der Anfang
Kommt man direkt aus einem 'Alltag mit Speed' oder 'voll aus der Arbeit' in einen Redekreis, so kann man manchmal seine Gedanken gar nicht auf sich selbst richten, immer wieder funkt einem eine Idee oder etwas, was man 'morgen unbedingt erledigen möchte' dazwischen. Um in der Situation anzukommen, zu sich selbst zu finden, kann man den Redekreis mit einer Zeit des Wahrnehmens beginnen: Den Körper wahrnehmen, die Umgebung. Was sehe ich? Was höre ich? Was nehme ich jetzt mit meiner Haut wahr?
Kleine Konzentrationsübungen auf einen konkreten Gegenstand lassen einen ebenfalls ankommen. ('Los Angeles' rückwärts buchstabieren und mit den ersten drei Buchstaben eines Wortes einen Satz beginnen ('Löwen ordnen Steine vor staunenden Zebras'). Oder man koordiniert Körperbewegungen. Über dem Kopf die eine Hand links herum bewegen vor dem Bauch die andere Hand rechts herum und den linken Fuß ...
In einer kleinen Gruppe macht man diese Konzentrationsübungen nacheinander, in einer größeren Gruppe zu zweit mit seinem Nachbarn.
Das Ende
Der Redekreis endet damit sich voneinander zu verabschieden. Wie auch immer man das jeweils macht.
Vorher ist jedoch noch einiges kurz zu erledigen:
- Sind Kosten für die Raummiete entstanden? (z.B. aufteilen)
- Wann
und wo ist das nächste Treffen?
Ein Tipp: Die Vereinbarung von regelmäßigen Treffen erleichtert deren Zustandekommen sehr. - Wer ist der Moderator des nächsten Treffens?
5. Raum für Authentizität
Authentizität erkennt man daran, dass man das was man sagt und tut als in sich Existentes auch fühlt. Eine solche Übereinstimmung zwischen Innen und Außen setzt Kräfte und Energien frei.
Wenn man sich dieses plakative Statement anschaut, ergeben sich Fragen ... und Antworten:
F: Woher kommt die Energie, die man gewinnt, wenn man authentisch aus dem Kontakt mit sich selbst heraus handelt?
A: Energie wird dadurch frei, dass sie nicht länger durch etwas Anderes gebunden ist. Es ist z.B. einfach sehr anstrengend immer 'gut drauf' zu sein. Man braucht viel Energie, alle anderen Gefühle zu kontrollieren und wegzudrängen. Man selbst ist deshalb noch lange nicht 'gut drauf'. Man wird höchstens zu einem mehr oder weniger guten Abziehbild von jemandem, dem es rundherum gut geht.
F: Kann es nicht wichtig sein, in Situationen einen bestimmten Eindruck zu erwecken, um ein Ziel zu erreichen?
A: Es ist verlockend, so etwas zu versuchen, sich z.B. selbstbewusster zu geben als man ist. Ein Problem ist nur: Es gibt mindestens Einen, der einem das nicht abnimmt: Man selbst. Und auch Kollegen bemerken manchmal, dass hinter der präsentierten Fassade Hohlräume sind. Er bemerkt nicht nur dass man nicht 'gut drauf' ist, sondern dass man sich dessen zusätzlich auch noch schämt.
F: Was kann man tun, wenn einem der Mut sich so zu zeigen, wie man sich fühlt, nicht in die Wiege gelegt wurde oder wenn man diesen irgendwann verloren hat?
A: Am besten tut man nichts, sondern man lässt etwas. Ich strenge mich nicht mehr an den Anschein zu erwecken immer gute Laune zu haben. Ich strenge mich nicht länger an, unangenehme Gefühle unter der Oberfläche zu halten. Ich verabschiede mich davon, immer etwas Interessantes sagen zu müssen. …
F: Wenn man das zulässt, findet man sich dann nicht manchmal dort wieder, wo man auf keinen Fall hin wollte?
A: Ja, vielleicht. Aber vielleicht nicht lange. Und vielleicht fühlt sich das gar nicht so schlecht an. Jemand ärgert sich über seinen Freund und versucht eine 'gute Miene' dazu zu machen. Oder er stellt den Freund zu Rede und sagt 'laut und deutlich sein Meinung'. In letzterem Fall handelt er auf jeden Fall authentischer, er folgt seiner augenblicklichen Wahrheit. Er fühlt sich echt und kraftvoll.
Und dann geht es auf einmal weiter. Durch das Wahrnehmen und
Annehmen der unangenehmen eigenen Gefühle und das Finden eines
Ausdrucks dafür, kann Raum für eine neue Selbstwahrnehmung
entstehen. Alles, was es neben diesen belastenden Gefühlen
gibt kommt wieder in den Blick, die eigenen Stärken, die Wertschätzung
von sich selbst. Man ist nicht länger das belastende Gefühl,
sondern man hat es. Und es ist Platz für die Wahrnehmung von
dem was z.B. hinter dem Ärger steckt.
Vielleicht ist es eine große Sehnsucht nach Anerkennung.
Dieses authentische Fühlen, Wahrnehmen und Denken zuzulassen, verändert die Situation noch einmal. Der vorher leere Raum ist erfüllt – weil man jetzt anwesend ist. So einfach ist das. Man fühlt sich präsent, gegenwärtig und - eben 'ganz erfüllt', erfüllt, vom Reichtum der Präsens, der eigenen Kraft und Klarheit.
Zulassen von Gefühlen, die man eigentlich nicht fühlen will wie Traurigkeit und Sehnsucht, heißt nicht, dass man darin stecken bleiben muss. Im Gegenteil, annehmen von dem was in mir ist, ermöglicht Zugang zu neuen inneren Räumen und diese sind oft verbunden mit neuen äußeren Möglichkeiten.
F: Handele ich mir damit nicht soziale Probleme ein, wenn ich auf diese Weise authentisch bin, z.B. am Arbeitsplatz?
A: Manchmal ist es ganz sicher gut, einem Kollegen seinen Ärger deutlich spüren zu lassen, manchmal ist der Arbeitsplatz dafür wirklich nicht der richtige Ort - genauso wenig wie die Badewanne der richtige Ort ist, schwimmen zu lernen.
Um aus einem echten Kontakt zu sich selbst heraus mit seinen Gefühlen und seiner Wahrheit authentisch umgehen ist es wichtig, dafür einen sicheren Ort zu haben. Einen Ort, an dem man etwas ausprobieren kann, ohne sich damit Probleme einzuhandeln. Der offene Co-Counsel-Redekreis, die Männer- oder Frauengruppe, die regelmäßigen Abende mit einem Freund oder einer Freundin sind solche Orte. Es geht um Treffen, Reden und Gehen mit Gleichgesinnten, die so optimistisch sind anzunehmen, dass es für sie mehr gibt, als das, was ihnen zurzeit möglich ist und so mutig sind es zu versuchen. Das ist gemeinsames Arbeiten und gegenseitiges Unterstützen. Alleine geht das nicht. Das ist das Schöne daran.
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6. Bezüge zum Co-Counseln
Sprechen im Co-Counsel-Redekreis hat einen Wert an sich. Er dient zur Selbstwahrnehmung und Selbstverständigung vor Anderen, zum Klären der eigenen Wahrheit, zum Aussprechen von dem was ausgesprochen werden will. Im Redekreis wird mit einfachen durch 'Abgucken' erlernbaren Techniken des Co-Counselns gearbeitet.
Aus solch einem Redekreis kann ein Trainingskurs (40-stündig) zum Co-Counseln hervorgehen. Man ist z.B. in der Gruppe miteinander vertraut und möchte zusätzlich zu zweit intensiver mit allen Möglichkeiten des Co-Counseln miteinander arbeiten.
7. Was man sonst noch mit einem Redekreis machen kann:
- Selbstwahrnehmung und Selbstverständigung für professionelle Rollen: Redekreise für die Oberstufe von Schulen und als Fortbildungen für PädagogInnen.
- Gruppenentscheidungen
voranbringen:
Jeder hat bis zu einer Minute Redezeit. Es gibt mehrere Durchgänge bis Lösungen (und vielleicht einige unauflösliche Gegensätze) vor allen daliegen.
- Mit
Konflikten in der Gruppe umgehen.
Jeder spricht von sich aus, beschreibt sein Anliegen, sein Verständnis, seine Gefühle.
Beginnen kann solch ein Kreis, indem jeder im Kreis sagt, was er 'mitgebracht' hat, damit der Redekreis ein Erfolg wird. Das ist eine Konzentration auf die eigenen positiven Fähigkeiten derer es bedarf das Miteinander zu regeln.
Das Bewusstwerdung von Gemeinsamkeiten und des kreativen Potentials welches im Miteinander Sprechen liegt und das Anerkennen und Respektieren von Unterschieden ist die Wurzel der solchen Redekreisen eigenen Produktivität.
8. Das Echo und wie man damit umgeht:
Das Echo ist das Thema der Runde drei.
Das Echo hat einen schlechten Ruf. bietet es uns ja nur den Widerhall des schon Gesagten, dazu oft unvollständig und verzerrt.
Diese Eingesperrtheit des Echos ist das Ergebnis einer Racheaktion, mit der die Nymphe namens Echo einst dafür bestraft wurde, dass sie die Göttin Juno so lange mit Reden aufhielt, bis ihre Schwesternymphen das verbotene Liebesspiel mit Jupiter, dem Juno auf der Spur war, ausgekostet hatten und glücklich fliehen konnten. Seither darf Echo gar nichts Eigenes mehr sagen und nur noch Fetzen und Fragmente anderer Redner wiederholen.
Der Nachhall, Nachklang, Nachgang des Gesagten im Redekreis ist demgegenüber ein lebendiges Echo, etwas das mit Worten und Bildern antwortet und sich nicht einfach von unserem Selbstbild ableitet. Ich muss ruhig sein, um es nicht mit meinem Reden zu übertönen und ich muss vorher geredet haben, um es zum Reden zu bringen. Dann bin ich ganz Ohr und höre. Ich vertraue dem was ich höre, den wer sollte in dem Moment zu mir sprechen, als ich selbst.
Der Dreiklang dieser Runde: Hören - Annehmen - Aussprechen. All das wird wiederum Echo antworten lassen. Auf dem Nachhauseweg, vor dem Einschlafen auf der Bettkante oder wo auch sonst. Ist einmal ein Gespräch begonnen, wird es so schnell nicht wieder enden.
Man hört auch das Echo dessen, was von Anderen ausgesprochen wurde.
Wieder geht es um: Hören - Annehmen - Aussprechen. Und es geht um die Sicherheit des Raums eines jeden, der die Prozesse der offenen Aufmerksamkeit überhaupt erst möglich machen. Auf diese Sicherheit wird geachtet, wenn jeder aus seinem Raum heraus spricht und nicht in den Raum des Anderen tritt. Aus seinem eigenen Raum heraus sprechen z.B. die folgenden Sätze: 'Als dein Sprechen in mir nachklang, ist bei mir folgendes passiert: ...' oder ' durch deine Beschreibung von ... ist bei mir ein Bild entstanden: ...' oder ' Bei mir sind zwei Ideen zur Lösung der Situation entstanden, die möchte ich dir mitteilen: 1. ... 2. ...'.
9. Braucht man ein Problem für den Co-Counsel-Redekreis?
Braucht man ein Problem für ein Treffen mit Freunden? Muss man sich dafür vorher allein fühlen?
Braucht man ein Problem, um einen Berg zu besteigen? Muss man dafür ein Problem haben, dass einem so dicht auf den Fersen sitzt, so dass man in unwegsamen Gelände ihm zu entkommen versuchen kann?
Braucht man ein Problem, um in die Kirche zu gehen? Muss man vorher Angst vor dem Tod haben?
Braucht man ein Problem ein Lied zu singen? Braucht man dafür Angst, der man Mut entgegensetzen will?
Also, man braucht kein Problem um in einen Co-Counsel-Redekreis gehen zu können.
Man braucht Lust dazu in neue Räume vorzudringen.